Text: GESCHICHTE VOM KLEINEN HERRN MORITZ. Herr Moritz war ein kleiner älterer Mann. Oft ging er spazieren. Als der Winter kam, da wurden die Menschen allmählich böse. Die Autofahrer schimpften, weil die Strassen so glatt waren, dass die Autos ausrutschten. Die Polizisten schimpften, weil sie so oft auf der kalten Strasse sein mussten. Die Verkäuferinnen schimpften, weil es im Laden immer so kalt war. Die Männer von der Müllabfuhr schimpften, weil es nicht aufhörte zu schneien. Die Kinder schimpften, weil ihnen die Ohren ganz rot gefroren waren, und die Hunde zitterten nur noch und klapperten mit den Zähnen vor Kälte, und das sah auch sehr böse aus. An einem solchen kalten Wintertag ging Herr mit seinem blauen Hut spazieren, und er dachte: «Wie böse sind doch die Menschen! Es wird höchste Zeit, dass wieder Sommer wird und die Blumen wachsen.» Und als er so durch die schimpfenden Leute in der Markthalle ging, wuchsen ganz schnell Blumen auf seinem Kopf: Krokusse, Tulpen, Maiglöckchen, Rosen und Nelken, auch Löwenzahn und Margeriten. Er merkte es aber nicht. Sein Hut war schon längst vom Kopf hochgewachsen, weil die Blumen immer mehr und immer länger wurden. Da blieb vor ihm eine Frau stehen und sagte: «Oh, Ihnen wachsen aber schöne Blumen auf dem Kopf!» − «Mir, Blumen auf dem Kopf?», sagte Herr Moritz, «So was gibt es gar nicht!». – «Doch! Schauen Sie hier in das Schaufenster! Sie können sich darin spiegeln. Darf ich eine Blume abpflücken?» Und Herr Moritz sah im Schaufensterspiegelbild, dass wirklich Blumen auf seinem Kopf wuchsen: Grosse und kleine bunte Blumen, die leuchteten und strahlten und dufteten. Herr Moritz sagte: «Aber bitte, wenn sie eine wollen …» «Ich möchte gerne eine kleine Rose», sagte die Frau und pflückte sich eine. «Und eine Nelke für meinen Bruder», sagte ein kleines Mädchen, und Herr Moritz bückte sich, damit das Mädchen ihm auf den Kopf langen konnte. Viele Leute kamen und brachen sich Blumen vom Kopf des kleinen Herrn Moritz, und es tat ihm nicht weh, und die Blumen wuchsen immer gleich nach. Es kribbelte so schön am Kopf, als ob ihn jemand zärtlich streichelte. Herr Moritz war froh, dass er den Leuten mitten im kalten Winter Blumen geben konnte. Immer mehr Menschen kamen zusammen und lachten und wunderten sich. Sie brachen sich Blumen vom Kopf des kleinen Herrn Moritz und keiner, der eine Blume erwischt hatte, sagte an diesem Tag noch ein böses Wort.
Ausklang: Wenn alle zum Beispiel drei Papierblumen gebastelt haben, gehen sie im Raum oder auf der Wiese umher und «pflücken» für sich Blumen, die ihnen besonders gefallen, von den Hüten der anderen. Es können so viele Blumen gepflückt werden, wie jede*r selbst gebastelt hat.
Dieses Anispi stammt überarbeitet aus dem konturen Blumen.