Am Freitag 25. August 2017 fand sich eine kleine, aber feine Gruppe von Pfadipräses in Luzern ein, um sich dem Thema «Heraus- fordernde Situationen mit Eltern» anzunähern. Neben Barny und Pelé, welche die Präsestaung leiteten, unterstützten Schlingel, ehrenamtliche Kommissionsleiterin der Betreuungskommission der PBS, und Appendix, angestellte Assistenz der Kernaufgabe Ausbildung und Betreuung der PBS, mit ihrer Erfahrung und ihrem Fokus auf das Betreuungsnetzwerk einer Pfadiabteilung die Leitung. Als Experte, auch wenn er selbst das relativierte, stand uns Peter Weber zur Verfügung. Als langjährige Lehrperson mit Hunderten von Elterngesprächen im Rucksack konnte er uns mit wichtigen Inputs zur Seite stehen. Erfreulicherweise musste Peter nie korrigierend, sondern konnte ergänzend eingreifen.
Bedürfnisse und Erwartungen der Eltern In einem ersten Schritt verschafften sich alle Teilnehmenden einen Überblick über die Bedürfnisse, die Eltern haben, und Erwartungen, die sie an die Leiterinnen und Leiter und an die Pfadi stellen. Diese lassen sich grob zusammenfassen. Ein sehr berechtigtes Anliegen ist das Wohlbefinden des Kindes. Dazu gehören verantwortungsvolles Handeln, ansprechendes Programm, das Spass macht, sozialer Umgang miteinander, kennenlernen des Waldes und der Natur, spirituelle Momente erleben etc. Kurzum also das, was mit gutem Programm um- schrieben werden kann. Weiter ist ein wichtiges Anliegen der Eltern, dass sie informiert werden: angemessen detailliert und frühzeitig. Das ist sehr berechtigt, allerdings sind sich alle einig, dass es bei der Information Grenzen geben sollte. Es kann und darf nicht sein, dass die Eltern den Anspruch erheben, das Leitungsteam müsse jederzeit erreichbar sein. Zu- dem sollte den Kindern ein Mass an Freiraum gelassen werden und entsprechend nicht alles, was sie in der Pfadi tun, gleich weitererzählt werden. Eher schwierig stuften die anwesenden Präses den Anspruch ein, beim Programm ein Mitspracherecht zu haben. Besonders dann, wenn es so sein soll, wie es früher war, also so, wie es die Eltern selbst in der Pfadi erlebten. Un- bestritten ist, dass die Sorgen und Rückmeldungen der Eltern ernst genommen werden müssen. Weiter soll sich die finanzielle Belastung im Rahmen halten und die Leiterinnen und Leiter sollen Vorbilder sein. Die Vorbildfunktion ist wichtig und wird in den Ausbildungskursen der Pfadi ausgiebig thematisiert. Damit wird dem Anspruch, die Leiterinnen und Leiter wissen, was sie tun, Rechnung getragen.
Einigkeit herrschte, dass die Kinder auch mal dreckig nach Hause kommen, dass die Pfadi nicht ein «Kinderhütedienst» ist und dass sie nicht anstelle der Eltern eine Erziehungsfunktion übernehmen kann. Weiter kann nicht auf sämtliche in- dividuellen Wünsche, zum Beispiel beim Essen, eingegangen werden. Leben in der Gruppe heisst, dass gewisse persönliche Interessen der Kinder und Jugendlichen auch mal hinten anstehen müssen. Weiter sollen die Teilnehmenden des Programms nicht von jeglichen Gefahren ferngehalten werden. Die Pfadi ist ein Lernfeld, wo Erfahrungen gesammelt werden und sich die Kinder und Jugendlichen wie auch die Leiterinnen und Leiter ausprobieren dürfen. Das ist mitunter mit gewissen Gefahren verbunden. Natürlich muss immer das körperliche und psychische Wohl im Auge behalten werden, der Anspruch «keine Gefahren» widerspricht aber in dieser Absolutheit dem Gedanken der Pfadi. Und schliesslich ist den Eltern Verbindlichkeit ein wichtiges Anliegen.
Herausfordernde Situationen Zur Vorbereitung sammelten Peter, Barny und Pelé mit Unterstützung der Teilnehmenden verschiedene herausfordernde Si- tuationen. Diese dienten als Fallbeispiele, die in kleinen Grup- pen diskutiert wurden. Schnell kamen sehr unterschiedliche Beispiele zusammen. Dazu hier ein paar Inputs. Situation: Die Eltern zweier Kinder sind geschieden und sprechen nicht miteinander. Die Leiterinnen und Leiter werden hineingezogen, da sie als «Überbringer der Botschaften» missbraucht werden. Lösungsansatz: Die Leiterinnen und Leiter, aber auch der oder die Präses, dürfen da nicht mit reingezogen werden. Es braucht unbedingt eine Lösung für die Pfadi. Und zwar nur für die Pfadi, denn wie die Eltern sonst miteinander umgehen, geht die Pfadi nichts an. Den beiden Elternteilen muss klar- gemacht werden, dass das nicht geht und dass es verbindliche und funktionierende Abmachungen braucht.
Situation: Im Dorf kursieren Gerüchte, da am Besuchstag im Sola Väter beim Abwaschen in der Küche eine Liste mit konsumierten Bieren entdeckten. Die notierten Striche lassen auf einen ausufernden Alkoholkonsum schliessen. Das Küchen- und Leitungsteam beschwichtigt, indem es betont, dass aus Jux bei einigen einfach unzählige zusätzliche Striche gemacht wurden. Lösungsansatz: Kursieren erstmal Gerüchte, ist es schwierig, diese wieder aus der Welt zu bringen. Hier muss zuerst geklärt werden, was wirklich wahr ist. Also, was es wirklich mit dem Alkoholkonsum im Sola auf sich hatte. Für den oder die Präses stellt sich die Situation sehr unterschiedlich dar, ob er oder sie im Lager dabei war – und allenfalls auch auf dieser Liste erscheint – oder nicht. In jedem Fall muss mit allen Seiten das Gespräch gesucht werden. Es soll aufgezeigt werden, wie das Leitungs- und Küchenteam wirklich gehandelt hat und welche Massnahmen sich daraus allenfalls für ein nächstes Mal ableiten. Der Umgang mit Alkohol im Lager muss klar geregelt sein, mit Konsequenzen und Durchsetzen der Konsequenzen. Das Wohl und die Sicherheit der Teilnehmenden müssen immer gewährleistet sein. Hier ist es angebracht, die Regeln klar aufzuzeigen. Es lohnt sich, am Infoabend für das Lager auf Fragen zum Umgang mit Alkohol vorbereitet zu sein oder die Thematik selbst anzusprechen.
Situation: Eine Familie mischt sich regelmässig in die Pfadi ein. Teilweise wurde sie schon aktiv in Pfadiangelegenheiten, ohne dabei die Abteilungsleitung zu involvieren. Zudem stellen die Eltern immer mal wieder die Fähigkeiten in Frage, und das mit ziemlich angriffigen Behauptungen. Lösungsansatz: Zuerst muss mit dieser Familie das Gespräch gesucht werden. Es geht nicht an, dass Behauptungen in den Raum gestellt werden und persönliche Angriffe gefahren werden. Man kann aber durchaus unterschiedlicher Meinung sein.